Aus dem Polizeibericht: „Miesbach 27.8. Auf der B 472 zwischen Miesbach und Waakirchen wurde am Mittag ein herrenloser 73-jähriger aufgegriffen. Der Mann war in strömendem Regen mit kurzen Hosen auf einem Tretroller („Kickbike“) völlig durchnässt die viel befahrene Landstraße entlang gefahren. Er behauptete, aus Berlin zu stammen und erkläre den Beamten mit großer Ernsthaftigkeit, er gehöre zu einer Läufergruppe aus Aachen, müsse nach Bad Tölz, weil dort „ein Zittermanni oder so“ auf ihn warte und er für den Frieden unterwegs sei. Auf Vorhalt, ein Tretroller passe nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht zu einem Lauf, sprach er von der lodernden Flamme in einer Fackel. Zwischendurch hüpfe er immer wieder von einem Bein auf das andere, angeblich weil er fror. Mobiltelefon oder Ausweis hatte er nicht bei sich. Polizeipsychologen haben sich seiner angenommen. Ein terroristischer Hintergrund wird vorläufig ausgeschlossen.“
Gut, dass wir es waren, die den armen Peter Bartel noch vor der Polizei wieder fanden, anderthalb Stunden, nachdem er auf halber Strecke zwischen Bernau und Bad Tölz verloren gegangen war. Genau geklärt werden konnte nicht, wo er falsch abgebogen war und warum ihn Eckhard als schneller Suchtrupp zunächst in keiner Richtung entdecken konnte.
Schon am Tag zuvor war Peter, der gerne stückweise alleine unterwegs ist, zwei mal vom Weg abgekommen. Ein ausgewiesener Radweg („ich schwöre, der hat mich dahin geführt“) endete mitten in einer weiten, saftigen Wiese des Voralpenlandes. Da schob er sein Kickbike hunderte Meter leicht bergauf zur nächsten Straße. Dann wies ihn eine Frau („die war supernett und ursprünglich auch noch ne Berlinerin“) wegen einer Baustellensperrung auf eine unfreiwillige Bergetappe. Die Sperrung hatten wir nach Absprache mit dem Bautruppführer mit Läufern und Autos gut passieren können. Peter, der pensionierte Mathelehrer: „Als Beamter kann ick so wat nich, einfach durch, nee.“
Mittlerweile wird Peter von vielen grinsend mit Oberst oder Herr Oberst angesprochen und er grüßt dann auch lächelnd mit Hand an die Schläfe zurück. Oberst liegt an seiner frappierenden Ähnlichkeit mit Oberst Villa, dem Kommandanten des Galaktischen Sicherheitsdienstes aus der TV-Kultserie „Raumpatrouille“, um den schnellen Raumkreuzer Orion in den 60er Jahren. „Is ja wirklich unglaublich“, sagt Peter selbst, „dat mir dit nie aufjefallen ist.“
Merkwürdiges Bayern: Eisdielen heißen hier Eis-Boutiquen, mehrfach haben wir sie unterwegs entdeckt. Und ein Schild mit zwei zeitabhängigen Weißwurst-Preisen. Richtige Bayern essen nie eine Weißwurst nach Gongschlag 12. Touristen, bittschön, zahlen halt einen Euro Aufschlag für kulturelles Banausentum, wenn sie nach dem Mittag bestellen. Wir machen Mittagspause auf dem Parkplatz vor der „Filialkirche zur Hl. Dreifaltigkeit“ in Wörnsmühl. Filiale: was mag in der Hierarchie darüber kommen? Niemand da, den man dazu fragen könnte. Gut: Die Diozöse München und Freising, das steht dran. Und ganz oben ist nun mal die Konzernmutter, der Herr selbst. Aber darunter – gibt es Abteilungen wie in einem Supermarkt? Zum Beispiel solche für Frischfleisch wie Messdiener?
Zither-Manä, ein 67-jähriger Barde aus der Region, empfängt uns in der sehr altbayerischen Fußgängerzone von Bad Tölz mit Zither-Rock und Zither-Blues. Das fetzt ungemein. Viele Leute bleiben stehen; wir schaffen den ersten Hunderterkreis für die Ankunftszeremonie. Abends, nach dem grandiosen Essen im Burgkeller („Bayerisches Buffet“, Dank an die spendable Stadt!), spielt der Zither-Manä noch ein halbes Stündchen für uns zum Nachtisch. Grandios!
Geschlafen haben wir dann in der vielleicht schönsten Montessori-Schule Deutschlands (Komplett von Krabbelgruppe bis Abi). Was da ein Geld verbaut wurde, – und das sogar ohne Kirche und städtische Millionen. So kann Schule auch.
Bernd (planmäßig) und Theo (vorzeitig wegen Magen, Knie, Wetter und „zu viel Chaos, weisch!?“) verlassen die Gruppe.