Archiv der Kategorie: Laufbericht

33. Etappe Nesselwang – Isny

33. Tag, Samstag, 30. August.

Der Lauf heute – ohne besondere Vorkommnisse.

lauf-n-i1 Außer – ein paar jugendliche  Läufer waren recht müde – aus Gründen …

Suchbild mit potentiellen Läufern

Suchbild mit potentiellen Läufern

Ankunft in Idsny mit Ortsläufern

Ankunft in Isny mit Ortsläufern

Allerdings-  der Empfang in Isny ist besonders. D’Adelegger Alphornbläser spielen für uns auf. Eigenkompositionen – ein Stück nach dem anderen bieten sie dar, ein richtiges, kleines Konzert – groovy und voller Spielfreude.

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Jenny hat Besuch

Jenny hat Besuch

Heute übernimmt Patrick von der Mies-van-der-Rohe Schule Aachen das Reden. Das macht er richtig gut. Er ist sehr nervös, sagt er, aber das merkt man dem erfahrenen Schauspieler gar nicht an. :) Er spielt im Ensemble des Rohestheaters mit und war im Rahmen von Bina Mira auch schon in Bosnien und erzählt jetzt davon. Das dort die jungen Leute sicherlich auch gerne mehr Chancen in ihrem Leben hätten und dass wir in unserem vergleichsweise satten Leben uns ein kleines Stück dafür einsetzen könnten, dass es auch anderen besser geht. Klasse Patrick!

patricks-redekreis-mit-hoernernAbends gibt es eine Stadtführung mit Gabriele Koeppel-Schirmer. Parallelen zu Aachen werden sichtbar. Wenn man hier gräbt, stößt man auf archäologisch Bedeutsames. Und da gerade eine umfassende Sanierung durchgeführt wird, wird einiges aus früheren Zeiten sichtbar. Z.B. schwarze Erdschichten und verkohlte Balken des großen Stadtbrandes von 1631, Gruben, in denen Leinenwebstühle der umfangreichen Isnyer Leinenproduktion standen, Krüge und zahlreiche gut erhaltene Trinkgläser sind gefunden worden.

Gleich nebenan ein Turm der Stadtmauer. Mit Verlies. 18 solcher Türme gibt es in Isny, in denen Leute in Einzelhaft saßen, wenn sie gegen die strengen Zunftgesetzte verstoßen hatten. Nur in dem Turm, den wir besichtigen, saßen zwei ein, wurden an Seilen „abgehaspelt“. Jetzt wissen wir auch, woher „sich verhaspeln“ kommt.

Im Verlies - echt oder nicht?

Im Verlies – echt oder nicht?

Die Isnyer haben sich schon früh von ihren Vogtherren freigekauft. Isny war im späten Mittelalter protestantische Hochburg im katholischen Allgäu. Erst 1803 durften wieder Katholiken in die Stadt ziehen, stellen seit 1889 die Mehrheit der Stadtbevölkerung.

Wir haben uns gefragt, was der Name bedeutet. „Is“ sei eine Silbe aus dem Indogermanischen, die „heftig bewegt“ bedeutet, sagt uns Frau Koeppel-Schirmer. Und „ny“ kommt von „nach“ wie Wasser, was vielleicht ein frankophoner Isnyer zu „ny“ werden lies.

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Isny by night

Isny by night

 

32. Etappe Murnau – Nesselwang

32. Tag, Freitag, 29. August.

auf-strasse-laufenDer Himmel mal wieder bedeckt – aber immerhin kaum Regen. Heute geht’s vorbei an Schloss Neuschwanstein und an vielen Kühen begleitet von beständigem Kuhglockengeläut in allen Tonhöhen, von zart bis scheppernd.

schwanstein2kueheKonni verfängt sich mit seinem Friedensmobil in den Murnauer Sackgassen. Also Mittagspause ohne Müsli. Egal. Die schnell beschafften Fritten mit Brathahnschenkel werden gerne genommen.

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Kreativer Fackeltransport

Kreativer Fackeltransport

Einige Kilometer vor Nesselwang erwarten uns Ortsläufer: Elisabeth Angerer und Marion Keller und – Max Heel gibt’s gleich zweimal – alle schwer geübt im Laufen.

2ortslaeuferinnen3laufen-einkreisBürgermeister Franz Erhard stellt richtig, Nesselwang ist keine Stadt, nur ein Markt. Wieder was gelernt.

buergermeisterAbends füllt eine der vielfältigen Spaghettivariationen die Kohlehydratspeicher wieder auf.

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31. Etappe Bad Tölz – Murnau

31. Tag, Donnerstag, 28. August.

Am Morgen gönnt das Filmteam sich noch einen Kaffee in der Stadt. Und trifft dabei auf einen Einheimischen, der vom Brunnen mit dem Kind erzählt.

lehrer-am-brunnenbrunnenDarin zwei Zeilen aus einer Elegie von Rainer Maria Rilke, die wir gestern beim Empfang der Läufer gar nicht entdeckt haben. Kein Wunder, denn die vom Wasserstrahl ständig bewegte Wasseroberfläche zeigt sie nur verzerrt. Auch unser Erzähler hat den Spruch nicht selbst entdeckt, obwohl er schon eine Ewigkeit hier lebt. Erst als ein Kind beim trinken den Wasserstrahl ablenkte und fragte, was da denn geschrieben steht, las er die Zeilen:

Wer zeigt ein Kind so wie es steht?

Wer stellt es ins Gestirn und giebt das Maß des Abstands ihm zur Hand?

brunnentextDas gibt zu denken am frühen Morgen. Was will der Dichter uns damit sagen? Jedenfalls – das Maß des Abstands – das sagt uns was! Damit haben wir in der Gruppe schon seit einiger Zeit zu tun.

Heute jedenfalls spielt das Wetter mit, gibt Raum zum Laufen in ruhiger Landschaft.

laeufer-kuhMittagspause soll am Urthalerhof sein. Hier treffen wir Ulli.

uliUlli erzählt stolz, dass sein Urgroßvater den Maler Heinrich Campendonk auf seinem Hof beherbergt hat. Campendonk zog 1913 mit seiner frisch angetrauten Adda nach Urthal und lebte hier 3 Jahre.

kuenstlerinfoUlli ist Fachmann für Traktoren. Gerade hat er einen auseinandergenommen und neu gespritzt. Auch den Motor hat er zerlegt und hofft, dass die bestellten Ersatzteile noch in den Ferien geliefert werden. Ulli ist auch Fachmann für Melk- und Futtertechnik. Er weiß genau, welcher Hof eine robotergesteuerte Melkanlage hat und welcher nicht. Und er erzählt uns vom Wasserkreuzkraut. Das ist saugiftig, sagt er. Gerät es in Heu oder Silage, dann kriegt vor allem das Jungvieh echte Probleme. Was man nicht alles lernt bei flame for peace.

Ulli ist sehr neugierig auf die Läufer. Aber die kommen nicht. Sie haben eine andere Route genommen. Planung und realer Verlauf passen mal wieder nicht zusammen. Es wirdhun und her telefoniert, die Verpflegung wieder eingepackt und die Mittagspause verlegt. Das ist Ulli dann doch zu weit. peter-am-tischMittags ist es richtig schön warm und relaxen und abkühlen ist angesagt.

3-im-brunnenpatricklehrer-mit-fraubroschureTrotz Hitze – heute läuft sogar Hans :)

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Ankunft in Murnau

Ankunft in Murnau

Empfang mit Bürgtermeister

Empfang mit Bürgtermeister

Zum friedlichen Abschluss des Tages machen fast alle noch ein Ausflug zum Staffelsee.

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30. Etappe Bernau – Bad Tölz

Aus dem Polizeibericht: „Miesbach 27.8. Auf der B 472 zwischen Miesbach und Waakirchen wurde am Mittag ein herrenloser 73-jähriger aufgegriffen. Der Mann war in strömendem Regen mit kurzen Hosen auf einem Tretroller („Kickbike“) völlig durchnässt die viel befahrene Landstraße entlang gefahren. Er behauptete, aus Berlin zu stammen und erkläre den Beamten mit großer Ernsthaftigkeit, er gehöre zu einer Läufergruppe aus Aachen, müsse nach Bad Tölz, weil dort „ein Zittermanni oder so“ auf ihn warte und er für den Frieden unterwegs sei. Auf Vorhalt, ein Tretroller passe nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht zu einem Lauf, sprach er von der lodernden Flamme in einer Fackel. Zwischendurch hüpfe er immer wieder von einem Bein auf das andere, angeblich weil er fror. Mobiltelefon oder Ausweis hatte er nicht bei sich. Polizeipsychologen haben sich seiner angenommen. Ein terroristischer Hintergrund wird vorläufig ausgeschlossen.“peter1

Gut, dass wir es waren, die den armen Peter Bartel noch vor der Polizei wieder fanden, anderthalb Stunden, nachdem er auf halber Strecke zwischen Bernau und Bad Tölz verloren gegangen war. Genau geklärt werden konnte nicht, wo er falsch abgebogen war und warum ihn Eckhard als schneller Suchtrupp zunächst in keiner Richtung entdecken konnte.peter2

Schon am Tag zuvor war Peter, der gerne stückweise alleine unterwegs ist, zwei mal vom Weg abgekommen. Ein ausgewiesener Radweg („ich schwöre, der hat mich dahin geführt“) endete mitten in einer weiten, saftigen Wiese des Voralpenlandes. Da schob er sein Kickbike hunderte Meter leicht bergauf zur nächsten Straße. Dann wies ihn eine Frau („die war supernett und ursprünglich auch noch ne Berlinerin“) wegen einer Baustellensperrung auf eine unfreiwillige Bergetappe. Die Sperrung hatten wir nach Absprache mit dem Bautruppführer mit Läufern und Autos gut passieren können. Peter, der pensionierte Mathelehrer: „Als Beamter kann ick so wat nich, einfach durch, nee.“

Mittlerweile wird Peter von vielen grinsend mit Oberst oder Herr Oberst angesprochen und er grüßt dann auch lächelnd mit Hand an die Schläfe zurück. Oberst liegt an seiner frappierenden Ähnlichkeit mit Oberst Villa, dem Kommandanten des Galaktischen Sicherheitsdienstes aus der TV-Kultserie „Raumpatrouille“, um den schnellen Raumkreuzer Orion in den 60er Jahren. „Is ja wirklich unglaublich“, sagt Peter selbst, „dat mir dit nie aufjefallen ist.“

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Merkwürdiges Bayern: Eisdielen heißen hier Eis-Boutiquen, mehrfach haben wir sie unterwegs entdeckt. Und ein Schild mit zwei zeitabhängigen Weißwurst-Preisen. Richtige Bayern essen nie eine Weißwurst nach Gongschlag 12. Touristen, bittschön, zahlen halt einen Euro Aufschlag für kulturelles Banausentum, wenn sie nach dem Mittag bestellen. Wir machen Mittagspause auf dem Parkplatz vor der „Filialkirche zur Hl. Dreifaltigkeit“ in Wörnsmühl. Filiale: was mag in der Hierarchie darüber kommen? Niemand da, den man dazu fragen könnte. Gut: Die Diozöse München und Freising, das steht dran. Und ganz oben ist nun mal die Konzernmutter, der Herr selbst. Aber darunter – gibt es Abteilungen wie in einem Supermarkt? Zum Beispiel solche für Frischfleisch wie Messdiener?

Zither-Manä, ein 67-jähriger Barde aus der Region, empfängt uns in der sehr altbayerischen Fußgängerzone von Bad Tölz mit Zither-Rock und Zither-Blues. Das fetzt ungemein. zittermanViele Leute bleiben stehen; wir schaffen den ersten Hunderterkreis für die Ankunftszeremonie. toelz-kreisAbends, nach dem grandiosen Essen im Burgkeller („Bayerisches Buffet“, Dank an die spendable Stadt!), spielt der Zither-Manä noch ein halbes Stündchen für uns zum Nachtisch. Grandios!

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Geschlafen haben wir dann in der vielleicht schönsten Montessori-Schule Deutschlands (Komplett von Krabbelgruppe bis Abi). Was da ein Geld verbaut wurde, – und das sogar ohne Kirche und städtische Millionen. So kann Schule auch.

Bernd (planmäßig) und Theo (vorzeitig wegen Magen, Knie, Wetter und „zu viel Chaos, weisch!?“) verlassen die Gruppe.