Archiv der Kategorie: Bosnien-Herzegowina

15. Tag Kozarac – Kozarska Dubica

15. Tag – Dienstag, 12. AugustdreierDer heutige Tag verlief entspannt – ohne besondere Vorkommnisse. Das ist zur Abwechslung ja auch mal ganz schön ;-). Früher Start in frischer Luft, laufen durch schöne Landschaft, viel Zeit, um eine lange Pause unter schattigen Bäumen zu machen.

Kurz vor Kozarska Dubica werden unsere Läufer von jungen Sportlern erwartet, vor allem von ganz reizenden Mädels und ihrer Trainerin Radmila Djukanovic, die schon ungeduldig fragen, wann die Läufer denn nun endlich kommen. Auch der regionale Marathonläufer Milos Bulic ist dabei.gruppemaedel-mit-nummermaedel-mit-flammegruppe-wasserBei der Zeremonie am Etappenziel machen wir einen Kreis, halten uns an den Händen, während Konni die Europahymne auf bosnisch auf seiner kleiner Verstärkeranlage abspielt. Heinz fragt die doch recht zahlreichen Polizisten, ob sie sich nicht einreihen mögen, auch wenn es ihnen nicht leicht fallen würde. Sie tun es! Fast alle. Klasse!

polizeiflammeHeute übernachten wir zum erstenmal in einer Sporthalle, riesig, so  viel Platz, dass man den Schnarchern ausweichen kann ;)

sporthalleAbends werden wir von Zoran Sinkić zu einem extrem wohlschmeckenden Essen in seine Kneipe Fijaker Stari in Kozarska Dubica eingeladen. Er erhält dafür eine Ehren-Läuferurkunde, obwohl er nicht gelaufen ist. :-) So ganz selbstverständlich ist das nämlich nicht, dass er uns einlädt, denn Zoran ist Serbe und unser Projekt wird doch eher den muslimischen Bosniaken zugeordnet. Veliko hvala gospodinu Sinkicu – ein großes Dankeschön an Zoran Sinkić!

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fafir-gruppe

14. Tag Banja Luka – Kozarac

14. Tag – Montag, 11. August.dino-peterEs gibt Etappen, da muss das Erlebte erstmal sacken. Klar, es gab die üblichen Herausfordeungen – den Lauf, der Hitze trotzen, Läuferwechsel im richtigen Moment, und dann hat Dino sich auch noch an der Fackel verbrannt.

dino-verbandIm Mittelpunkt standen aber die Zwischenstopps an den Gefangenenlagern des Bosnienkrieges.

Die Route führte zunächst zur Bergarbeiterstadt Omarska. Auf dem Weg dorthin stand ein Bauer am Straßenrand und sagte zynisch:

„Erst treibt ihr uns auseinander, dann bringt ihr uns die Bomben, und jetzt kommt ihr mit der Friedensflamme“

In Omarska, wo heute eine Metallfabrik steht, wurden 1992 tausende mehrheitlich Bosniaken und Kroaten aus der Umgebung von paramilitärischen serbischen Einheiten gefangen gehalten.

metallfabrik2

metallfabrik4Hier wurde gemordet, gefoltert, vergewaltigt. Man vermutet an die 7000 Todesopfer. Schwer zu ertragen, hier zu stehen. Zumal diese Taten von den Tätern weiterhin geleugnet werden. Der Zugang zu den Fabrikhallen wird von der Werksleitung verweigert. Sie steht unter dem Druck von Politikern aus Banja Luka. Kein Gedenken ist hier möglich, kein Journalist konnte bisher die Hallen besuchen.

metallfabrik3Der stellvertretende Vorsitzende des Vereins, in dem sich ehemalige Häftlinge aller drei Volksgruppen zusammengeschlossen haben, begleitet uns und gibt uns Informationen. Eine mutige Entscheidung, denn das wird nicht gerne gesehen.

omarska-mannNoch während er spricht, gibt es Unruhe, hektische, laute Telefonate, die Gruppe wird aus vorbeifahrenden Wagen fotografiert. Wir halten uns nicht lange auf, laufen und fahren weiter nach Trnopolje.

nach-trnopoljeIn Trnopolje sind die Ängste unseres Begleiters noch deutlicher zu spüren. Auch hier befand sich ein Lager, eine Schule wurde zu einem Konzentrationslager umfunktioniert. Tausende Menschen wurden hier zusammengepfercht. Es waren vor allem Muslime, die aus den Gebieten rund um Prjedor vertrieben wurden. Trnopolje war ein sogenanntes offenes Lager. Die Gefangenen konnten sich theoretisch frei bewegen, aber sie wussten genau, dass sie nicht wirklich eine Chance hatten, das Lager lebend zu verlassen.
In einem Nachbarhaus wurden Frauen systematisch vergewaltigt, serbische Paramilitärs erwarteten Frauen zu ihrer Verfügung vorzufinden.

Als wir in Trnopolje ankommen, holt Heinz Fikra hinzu, die in der Nähe wohnt. Ihr Mann und ihr Sohn wurden damals zusammen mit 600 weiteren Männer aus dem Lager abgeführt, in Bussen mit dem Zeichen des Roten Kreuzes weggebracht. Ihnen und den Angehörigen wurde versichert, dass sie gerettet würden. Erst vor ein paar Jahren wurden ihre Leichen identifiziert – in einem weiteren Massengrab. Sie wurden alle erschossen, in einen Steinbruch geworfen, der anschließend gesprengt wurde.

Heinz hat Fikra 1993 in Aachen kennengelernt und sie bei sich aufgenommen, sie seitdem immer wieder unterstützt. Es ist ein Traum von ihm, gemeinsam mit ihr an dieser Stelle zu stehen. Seit damals war Fikra nie wieder hier. Heute wagt sie es zum ersten Mal.

heinz-fikraEin bewegender Moment.

Auch ein Mitglied der Biker Gruppe, die uns spontan begleitet hat, war im Konzentrationslagers Trnopolje.

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biker-trnopolje2In unmittelbarer Nähe des ehemaligen Konzentrationslagers steht ein serbisches Denkmal mit der Inschrift:

„Dem tapferen serbischen Volk für seinen Kampf gegen Unfreiheit und Unterdrückung.“

Uns allen ist absolut unverständlich, dass dieses grauenvolle Monument nicht endlich entfernt wird – als vielleicht erster Schritt zu einer Versöhnung.

Das Denkmal für die Opfer steht in Kozarac. Die langen Reihen gleicher Namen zeigt, dass hier ganze Familien ausgerottet wurden.

denkmal-kurazac2denkmal-kurazac1denkmal-kurazac3denkmal-kurazac4Im Haus des Friedens, unserer Unterkunft, hängen die Bilder einiger Opfer. Es berührt nochmal sehr, wenn diese Menschen ein Gesicht bekommen.

bilder-opfer1bilder-opfer2Es sind nur einige der vielen Opfer. Bei weitem nicht alle Vermissten sind bisher gefunden und identifiziert worden. Dieses Kapitel ist noch läng nicht abgeschlossen. Eine Mitarbeiterin des Hauses sagt, dass erst Ende 2013 in Tomašica die Überreste von über 400 weiteren Opfern in einem Massengrab gefunden wurden – sie war dabei, eine schreckliche Vorstellung.

13. Tag Prnjavor – Banja Luka

Es ist ein sehr  heißer Tag. Zur Zeit ist der Läuferstamm dünn besetzt, aber die verbliebenen Läufer schwitzen unermüdlich für den Frieden.

dinopeterDas Filmteam wartet am Straßenrand auf die Läufer, der Bus steht in einer Grundstückseinfahrt. Mißtrauisch kommen zwei Männer näher. Verständigung unmöglich. Gut, dass ein paar bosnische Broschüren im Wagen liegen. Aber auch das hilft erstmal nicht. Erst nach einigem hin und her Gerede, Geblättere und Gezeige fällt der Groschen: „Aaah – Marathon – Mira“. Und alles ist gut.

tom-2bauernbauerIn der heißesten Zeit des Tages wird eine der raren Schattenoase aufgesucht – neben einem Hotel. Auch hier kommt das Personal, ist zunächst ungehalten, wer sich da denn einfach breit macht. Doch die Friedensflamme glättet die Wogen und wir bleiben freundlich geduldet im spärlichen Schatten.

pausedino-pause emad-pause fabian-pause juergen-pauseEinlauf in Bana Luka.

ankunft-banjaWir wussten es ja, aber es ist dann doch irritierend, dass wir mehr oder weniger unter uns bleiben. Eine der größten Städte Bosniens hat es nicht geschafft, uns einen Empfang zu bereiten. Man kann nun viel spekulieren, warum das so ist, ein Armutszeugnis ist es allemal. Schön, dass Mira, Ursula und Katharina mit frischer Wassermelone auf uns warten – die erste auf dieser Reise. Heinz hält eine Rede, Snjezana übersetzt und die Europahymne auf bosnisch wird auch gespielt, es gibt sogar ein paar Klatscher in einer versteckten Ecke.

meloneredeAm Abend werden wir mit einer fantastischen Unterkunft entschädigt, lecker Gulasch, Swimmingpool (Jürgen ist dreimal rein gesprungen :) ) und Supervollmond inklusive.

gulaschpoolvollmond

12. Tag Derventa – Prnjavor

12. Tag – Samstag, 9. August.
fabian-liestDer heutige Tag war unspektakulär. Das ist ja auch mal ganz angenehm nach all der Aufregung der letzten Etappen.

Tom vom Filmteam nutzt die Gelegenheit, die Seen, die er auf der Landkarte entdeckt hat, anzufahren und ein paar schöne, ruhige Landschaftsbilder zu machen.

tom-filmt-seeEs ist heiß, es ist viel Verkehr und Dino läuft seine neuen Laufschuhe ein.

peter+dino-laufengruppe-am-strassenrandKurz vor Etappenende trägt Emad die Fackel. Ein Passant zieht seine Schuhe aus, Emad befürchtet beworfen zu werden. Doch dann sieht er ihn lachen, der Mann will einfach mitlaufen, was er in den Gummi-Cloggs nicht kann. So läuft er barfuß, auf heißem Asphalt. Fast zwei Kilometer lang.

emad+barfusslaeufer2emad+barfusslaeufer

ankunft-prnjavor