Archiv der Kategorie: Laufbericht

25. Tag – Villach – Spittal

25. Tag, Freitag 22. August.

Start in Villach

Start in Villach

ablauf2Spittal wird hinten betont. Das lernen wir schon lange vor dem Ziel, wenn wir nach dem Weg fragen. Wir laufen doch nicht ins Krankenhaus, sagen wir, und werden abends bei einer Stadtführung belehrt, warum das so ist: Im 16. Jahrhundert entstand der Ort durch eine Siechenanstalt mit angegliederter Kirche, daraus wurde umgangssprachlich Spittal, das Spital im Tal. Außerdem hat der kleine Ort „das schönste Renaissance-Schloss nördlich Italiens“ (Fremdenführerin) und die ältesten Platanen nördlich Italiens (300 Jahre). Wir sind beeindruckt. Die riesigen Mosaike in der katholischen Kirche entstammen der einzigen Mosaikfachhochschule der Welt nebenan im italienischen Friaul. Was es alles gibt. Wir staunen schon wieder.

Den zweiten Tag dabei ist Kerstin aus Erlangen. Sie läuft und läuft und läuft und wird jeden Tag jeden Kilometer bewältigen, immer lächelnd, als wäre es nichts. lauf1

lauf2lauf3Kerstin erweist sich als hellseherisches Phänomen: Noch bevor ein Problem auftaucht, ist sie schon mit helfender Hand zur Stelle. Die Freundin und Helferin hat mal als Polizistin gearbeitet, ob es daran liegt? Leider wird sie morgen Abend schon wieder weg müssen. Mit im Team ist jetzt auch Theo Huhnholt vom Chiemsee. Er will bis Freiburg jeden Tag jeden Kilometer laufen. Die Vorräte an Fitnesspulvern, Cremes und Powermineralien in seinen zwei großen Koffern lassen keinen Zweifel, dass das unter normalen Umständen leichtfüßig gelingen wird.

Konni zaubert am Abend anlässlich der tausend Kilometer vom Vortag ein siebengängiges Menu aus seiner rollenden Küche. Er sagt, das mache er bei jedem Lauf so, das er begleitet. Am späten Abend kehren auch die drei Hellmänner aus Aachen zurück ins Team. Mit Peter, Jenny und Marie steigt die Stimmung bei allen umgehend.

Wir freuen uns schon auf Kilometer 2000. 14 Gänge, Konni? Das müsste rund um Straßburg so weit sein.

24. Tag – Kranjska Gora – Villach

24. Tag, Donnerstag 21. August.

In der Nacht hatte es geschüttet und Konnis abgekoppelte Hänger stand in einem neu entstandenen Regensee. Unsere Gastgeber boten uns außer einem weiteren Schnäpschen am Morgen Kaffee und eine Holzpallette an. Den Schnaps haben wir dann doch abgelehnt, Kaffee und Pallette waren sehr willkommen. So konnte der Hänger ohne Fußeintauchen in eiskalte Fluten wieder angekoppelt werden.

haenger1haenger2Ein großer Tag: Bei unserer kurzen Schleife von zwölf Kilometern durch Italia gibt es zunächst einen Ausflug zu den zwei Weißenfelser Seen „Laghi di Fusine“ unter der Nordwand des 2677 m hohen Gipfel namens Mangart. Der Mangart hielt sich bedeckt, andere Felsen zeigten sich und die Seen sind einfach nur großartig.

gipfel1see1see2see3Als Spätfrühstück in Tarvisio gibt es erst einen Extra-Cappuccino, dann noch drei Kilometer zu laufen – und Konni baut beim Ort mit dem schön-schokoladigen Namen Coccao mitten auf dem Radweg die Musikanlage auf. Auf dem Asphalt steht leuchtend rot: Flame for Peace – 1000 Kilometer. Wir haben tatsächlich die ersten tausend Kilometer weggejoggt. Mit Schallrichtung Österreich (drei Kilometer entfernt) donnert der Kaiserwalzer von Johann Strauß übers Land. Konni und Peter Bartel drehen sich im Dreivierteltakt, andere folgen. Dann dreht sich die Flasche Sekt an die durstigen Münder.

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auf zu den nächsten 1000 ...

auf zu den nächsten 1000 …

Drei Ortsläufer schließen sich für die letzten sieben Kilometer an, die angekündigten Kinder sind nicht am verabredeten Punkt.

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Theo kommt - Rolf geht - sie konnten zusammen nicht laufen

Theo kommt – Rolf geht – sie konnten zusammen nicht laufen

Der Bürgermeister in Villach ist kurzfristig nicht erschienen, kommt auch nicht zur Abendesseneinladung ins italienische Restaurant. Wir lassen uns nicht abschrecken und bestellen und bestellen. Die Rechnung wird vermutlich auf mittlere Sicht eine Regierungskrise in Villach auslösen. Wir laufen morgens schnell weiter.

Ach so: 20 Kinder waren doch noch gekommen, sie hatten eine falsche Uhrzeit aus dem Amt gesagt bekommen. So gab es erstmals zwei Zieleinkünfte an einem Ort. Und einen neuen Altersrekord: Die Jüngsten waren 4 und 5. Wir laufen mit ihnen noch mal gemeinsam um die Kirche beim Rathaus.

In der Nacht haben uns die beiden laufend helfenden (laufendhelfen.de) Rudolf und Brigitte aus Baden-Baden verlassen. Auch die drei Sachsen Hans-Jürgen, Norman und Thomas reisen ab – 12 Stunden mit dem Zug über Wien und Prag nach Leipzig. Was für eine Tour. Wir verneigen uns

23. Tag – Bled – Kranjska Gora

23. Tag, Mittwoch 20. August.

38 Kilometer sind es bis Kranjska Gora,so  bleibt im vorerst sonnigen Bled noch Zeit für einen Kaffee in Juri Klemencics Kneipe Chilli. Über Dörflein in der Nachbarschaft der zauberhaften Stadt geht es endlich auf einen durchgehenden Fahrradweg. Schluss mit den Autos neben einem.

auf-radweg-schlechte-qualiDas Wetter ist besser als angekündigt, mittlerweile umrahmen uns einige 2000er, das Tal wird zunehmend enger Richtung Alpen. Nur der Triglav, Sloweniens Hüne in den Julischen Alpen, versteckt seine 2864 Meter in den Wolken.

2000der1triglavAcht Kilometer vor dem Ziel plästert es wieder los. Kranjska Gora, berühmt für seinen Ski-Weltcup, stellt sich als nasses Dorf heraus, hundert Meter Shoppingmeile, fertig.

Einen Kilometer vor dem Ziel stoßen 15 Kinder zu uns, die jüngste ist 7 und flitzt dahin, als gäbe es kein Morgen. So viel Euphorie entschädigt mal wieder fürs Nass.

einlauf3kleineKurze Zeremonie mit Bürgermeister, Kindern und ein paar Passanten, dann ab zum Heißduschen in die vom Ort gesponsorte Pension. Das abendliche Freilicht-Konzert in der Fußgängerzone fällt wegen des dämlichen Wetters aus. Schade.

buergermeisterzeremonieKonny kauft Grillgut, Samir, unser bosnischer Organisator, stockt den Einkauf mit reichlich marinierten Steaks auf, der letzte Abend in Balkanlanden soll gegendgemäß mit viel Fleisch enden. Die wunderbaren Gastgeber schenken passend Sliwowitz aus – soviel wir wollen: „Noch ein Schnäpsschen?“

22. Tag – Ljubiljana – Bled

22. Tag, Dienstag 19. August.

Ljubljana, welch prächtige Stadt voller Barock, vielen eleganten Geschäften ohne großes Schickimicki, netten Gassen, vielen Brücken, Legenden und Eisdielen. „Die schönste Stadt Europas“ sagt der Bürgermeister mit der Fackel in der Hand. Nach der Stadtführung glaubt man das tatsächlich.

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Schönheit verliert bei dunkelgrauem Himmel einiges an Reiz. Kurz hinter Ljubljana fängt es am nächsten Morgen an zu nieseln, zu regnen, zu schütten, zu sturzbachen, zu sturzströmen. Das Elend hat uns wieder. Entweder wird man bei Flame for Peace geröstet und ertränkt. Der Witzsommer 2014 beweist große gesamteuropäiche Einigungskraft.

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Es dräut …

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… und dräut …

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… und schüttet

Streckenorganisator Hans führt uns über die vielbefahrene Hauptstraße Richtung Bled. Bald stehen da Schilder Radfahrer und Fußgänger verboten. Aber hatte nicht Samir gesagt, in Slowenien gibt es immer einen parallelen Fußweg? Stimmt. Für ein kleines Stück. Dann ist Schluss im prasselnden Regen. Ekelstrecke neben LKWs. Bernd raucht bei weiter forcierter Sintflut eine Zigarette in einer Marienstatue am Wegesrand: In die schreinartige Betonöffnung mit der kleinen Marienfigur passt genau ein halber Kopf und eine Fluppe. Sie bleibt trocken. Die Maria ist jetzt durchgeräuchert. Sicher gibt es bald das qualmende Marienwunder von Radovljica.

Kurz vor Bled klart es auf. Zwei ehemalige Olympia-Medaillengewinner Sloweniens begleiten uns die letzten herrlichen sechs Kilometer durchs pittoreske Hinterland zum Bleder See

see Jani Klemencic im Rudern und Skialpinläufer Jure Kosir. Sloweniens aktueller Eishockeystar, Anze Kopitar, zweifacher Gewinner des Stanley-Cups mit den L.A. Kings und gerade auf Heimaturlaub, konnte kurzfristig nicht.

gruppenbVor dem Bleder Kongresscenter der nächste Bürgermeister mit gewichtigen Worten. Diesmal im Doppelsinne – er sagt, er wäre je gern ein Stück mitgelaufen, verweist indes auf seine Körperfülle. Stattdessen läd er uns zum Dreigangmenu ein. Dabei ist am Abend auch der erste Botschafter Sloweniens in den USA und spätere Präsident des Verfassungsgerichts Prof. Ernest Petric. Heinz erklärt Bled, das einstige Seebad der Kaiser, Könige und später Landsitz Titos zur Friedensstadt Europas und überreicht unsere Urkunde. Das wird dem emsigen Bürgermeister für die Wiederwahl im Oktober sicher entscheidend helfen.

kreis

Bei der Ankunftszeremonie war eine Gruppe sehr junger Wandersleut zufällig vorbeigekommen.

pfadfinder-annaeherungpfadfinder-flammepfadfinderPfadfinder aus der Pfalz, alle 12 und 13 Jahre alt, samt zweier älterer Begleiterinnen von 17 und 18. Sie waren vor zwei Tagen in Villach aufgebrochen und haben noch keine Unterkunft, Zelten ist fatalerweise im Naturschutzgebiet ringsum verboten. Wir schleppen sie nach Absprache mit dem Bürgermeister ab in unsere riesige Schulsporthalle. Da quatschen und kichern sie sich durch den Abend und schlafen dann beeindruckend sternförmig im Ensemble. Unser Friedenskoch Konny, selbst Pfälzer, läd seine Landsleute gleich zum Frühstück ein am Morgen. Die Kids sind glücklich: Sie sind mit vielen anderen Gruppen (Stämmen) im Wettbewerb, wer unterwegs die schönste Geschichte erlebt. Wir kennen die Sieger schon.